Dokumentarfilm in ARD-Mediathek

Am Montag gegen Mitternacht hat die ARD den Dokumentarfilm „Honneckers Gastarbeiter: Fremde Freunde in der DDR“ (D 2015, R: Lutz Rentner und Tom Franker) gezeigt. Er ist noch ein paar Tage in der Mediathek anzuschauen.

Für jene, die wenig über Vertragsarbeitende in der DDR wissen, mag dies ein guter Einstieg sein (insbesondere zu Mosambik und Vietnam). Und es ist gut, dass überhaupt darüber berichtet wird. Ansonsten ist der Film weder inhaltlich noch filmisch besonders überzeugend.


Candido Mahoche

Der Freitag hat den Freitaler Stadtrat Candido Mahoche porträtiert:

Candido Mahoche kam Anfang der 80er Jahre aus Mosambik nach Sachsen, er ist geblieben und Bierbrauer, Politiker und Fußballtrainer geworden.


Ibraimo Alberto

Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet ein Buch von und über den ehemaligen Vertragsarbeiter Ibraimo Alberto (zu dem ehemaligen Ausländerbeauftragten von Schwedet siehe auch hier).


Mosambikaner bei Pegida

Die taz hat über die Spaltung von Pegida berichtet. Dabei zitiert sie das Mitglied des Organisationsteams Rene Jahn unter anderem mit:

„Wir wollen die bürgerliche Mitte erreichen, weil wir wissen, dass Dresden eine sehr konservative Stadt ist“, nimmt er den Geist des angekündigten neuen Positionspapiers vorweg. Nicht nur die Mitte, auch ganz neue Bevölkerungsgruppen wie die in der DDR eingewanderten Mosambikaner. „Sprachrohr für die Nöte und Ängste“ wolle die Pegida-Mutation werden, erklärt René Jahn mit erstaunlicher Sicherheit auf dem ungewohnten Podium.

Spannend, woher kommt der Bezug auf die Mosambikaner. Eine Google-Suche mit Rene Jahn und Mosambikaner führt zu einem Interview, dass blu-news (blu-news.org/ 2015/01/11/pegida-gruender-im-blu-news-interview/) mit Rene Jahn und Kathrin Oertel geführt hat. Darin wird Jahn zitiert:

Ein guter Freund läuft nun seit ungefähr fünf Wochen bei den Demonstrationen vorne mit. Nun wird behauptet, das sei ein „Quoten-Neger“, der von uns bezahlt wird. Dass dieser sogenannte Quoten-Neger, der tatsächlich Hamilton George heißt, 1987 in die DDR kam, ich ihn 1988 kennenlernte und dem es nach den ersten Demonstrationen und den Angriffen einfach ein Anliegen war, sich einzubringen. Er sagte zu mir: „René, ich muss da unbedingt vorne mitlaufen. Ich fühle mich mehr als Deutscher denn als Mosambikaner.“ Dennoch wird er in seinem Anliegen nicht ernst genommen und bleibt für manche der Quoten-Neger.

Ein in die DDR Migrierter läuft also an vorderster Front bei den Pegida-Demonstrationen mit. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen ehemaligen Vertragsarbeiter, der es geschafft hat, in Deutschland zu bleiben. Auch der Focus berichtet über ihn, allerdings mit leicht anderem (vermutlich portugiesischerem) Namen:

Einer, der dieses Plakat hält, ist, soweit man das überblicken kann, der einzige Dunkelhäutige auf dem Platz. Hamilton Jorge aus Mosambik. Seit 1985 lebt er in Dresden. Auch Jorge ist da, weil er Angst hat. Auch er redet ungern mit Journalisten. Aber er verfolgt die Nachrichten, liest von radikalislamischen Massakern in Kenia und Somalia und denkt dabei an Dresden. Jorge ist sich sicher: „Klar, das kann hier auch passieren.“ Zum Asylmissbrauch illegaler Flüchtlinge sagt er: „Wenn die Leute hier ankommen, weiß man nicht, wer gut ist und wer schlecht.“ Sätze, die auf den ersten Blick irritieren und gleichzeitig zeigen, wie fließend die Grenzen sind – zwischen Ängsten und Vorurteilen, zwischen bürgerlichen Sorgen und pauschaler Verurteilung. Aber ein Schwarzer bei Pegida? „Das sind meine Freunde, keine Rassisten“, sagt Jorge. René Jahn kenne er seit fast 30 Jahren. „Das sind ganz normale Leute“, sagt er.

Interessant wäre zu wissen, was Jahn und Co denn für die Mosambikaner tun wollen.


Geschichtsschreibung

Vor gut zwei Jahren fand in Treptow eine Veranstaltungsreihe: „Bruderland ist abgebrannt!“ – Einwanderung, Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus in der DDR statt. Bei den Veranstaltungen gab es viel Widerspruch. Und nun wird in der Hellen Panke die Gegenveranstaltung Mosambikanische Vertragsarbeiter in der DDR-Wirtschaft organisiert. Aus der Veranstaltungsankündigung:

Es gibt wohl kaum ein Kapitel aus der DDR-Geschichte, wo so viele unwidersprochene Verleumdungen, Verdrehungen und Halbwahrheiten kolportiert werden, wie in Bezug auf den Einsatz von Vertragsarbeitern aus Ländern der Dritten Welt in der DDR-Wirtschaft.
Da wird etwa behauptet, dass die „ausländischen Werktätigen“ keine Kontakte zu ihrem sozialen Umfeld haben durften, auf offener Straße mehrere Ausländer massakriert wurden, junge Vertragsarbeiter kaserniert untergebracht, schlecht bezahlt und ausgebeutet waren.

Ganz offensichtlich geht es hier darum, Deutungshoheit über die Geschichte zu bekommen. Dabei geht es aber nicht nur um Ost und West, sondern auch um deutsch und migrantisch. Bei der Helle Panke-Veranstaltung werden Straßburg, ein Vertreter des DDR-Systems, und van der Heyden, ein Wissenschaftler, der sich immer wieder gegen rassismuskritische Positionen äußert, vortragen. Das kann spannend werden. Unwahrscheinlich aber, dass es keine Verleumdungen, Verdrehungen und Halbwahrheiten geben wird.

Straßburg und van der Heyden haben mit zwei Ko-Herausgeber_innen letztes Jahr ein Buch zum Thema herausgegeben. Eine Rezension ist zu finden auf hsozkult.


Ehemalige Vertragsarbeitende in Mosambik

Der ARD-Weltspiegel hat einen Bericht über ehemalige Vertragsarbeitende in Mosambik gemacht.


taz-Panter-Preis-Nominierung für ehemaligen Vertragsarbeiter

Und auch bei der taz wird ein ehemaliger Vertragsarbeiter aus Mosambik vorgestellt. Emiliano Chaimite ist für den taz-Panter-Preis nominiert.

Eigentlich hatte er gar nicht geplant, sein Leben in Deutschland zu verbringen. Als er 1986 hierherkam, wollte er nur eine Ausbildung machen und dann wieder nach Mosambik zurückkehren. Sein Heimatland befand sich im Bürgerkrieg, für den 20-Jährigen gab es kaum berufliche Chancen. Da passte es, dass die DDR Facharbeiter aus „sozialistischen Bruderländern“ suchte.


Porträt eines Vertragsarbeiters aus Mosambik

Das Neue Deutschland veröffentlicht ein Porträt über Serafim Manhice, der aus Mosambik als Vertragsarbeiter in die DDR kam und dreimal die BRD verlassen musste und immer wieder gekommen ist.

Trotzdem wurde er zweimal abgeschoben, 1991 und 1994. Mosambik war für ihn jedoch nur wenig lebenswert. 500 Jahre Kolonialismus und ein 16 Jahre dauernder Bürgerkrieg hatten dem Land zugesetzt. Es lag wirtschaftlich völlig am Boden. In Maputo hielt er es nur wenige Monate aus. Dann brach er wieder auf und gelangte über Portugal nach Berlin. Mehr und mehr wurde die ehemalige Mauerstadt sein Zuhause, in Berlin wurde er Vater. 1997 kam seine Tochter Nelly zur Welt. Doch einen geregelten Status brachte ihm seine junge Familie nicht, denn Nellys Mutter Hong Nguyen kommt aus Vietnam und war ebenfalls Vertragsarbeiterin.

Hinweis von Marina Mai


Projektseite Migration in die DDR online

Nach langer Arbeit ist jetzt endlich die Projektseite Migration in die DDR (und BRD) online. Die Seite ist aus einem Projektseminar an der Humboldt-Universität entstanden. Auf ihr werden verschiedene Projektarbeiten rund um die Migration in DDR präsentiert. Eine davon ist eine Online-Bibliographie (bei der leider die Schlagwortsuche noch nicht funktioniert).


Veranstaltung: (K)eine Rückkehr: Hoyerswerda revisited

Hier ein Veranstaltungshinweis, den ich bekommen habe:

Podiumsdiskussion in Berlin am 13.9.2011, 19:30 Uhr, Südblock, U-Bahnhof Kottbusser Tor:

(K)eine Rückkehr: Hoyerswerda revisited
mit: Manuel Nhacutou, Maputo (Mosambik), ehemaliger Vertragsarbeiter
Emmanuel Gärtner, Accra (Ghana), ehemaliger Flüchtling
N.N., migrantischeR AktivistIn, (Berlin)
Toni Schmidt, Gruppe Pogrom 1991 (Hoyerswerda)

Im September 1991 markierten die tagelangen rassistischen Angriffe auf mosambikanische Vertragsarbeiter_innen der Lausitzer Braunkohle AG (LAUBAG) und Flüchtlinge im sächsischen Hoyerswerda und deren anschließende Vertreibung aus der ehemaligen sozialistischen Musterstadt den Beginn einer jahrelangen Welle rassistischer Angriffe und Brandanschläge in Ost- und Westdeutschland.

20 Jahre nach den Angriffen kehren Manuell Nhacutou und Emmanuel Gärtner anlässlich des Jahrestags des Pogroms in die Stadt zurück, die ihr Leben entscheidend verändert hat.

Bei der Podiumsdiskussion werden Manuell Nhacutou und Emmanuel Gärtner über ihre Erlebnisse im September 1991 sprechen – und über ihre Eindrücke von Hoyerswerda heute. Die Referent_innen analysieren die politischen Hintergründe des Pogroms – die wirtschaftlichen Interessen des Braunkohlekonzerns LAUBAG an der Ausweisung der ehemaligen Vertragsarbeiter_innen – und dessen Folgen: Kurze Videoclips und Medienberichte aus den frühen 1990er Jahren veranschaulichen den Zeitgeist.

Mit der Veranstaltung wird ein zentrales Ereignis der Nachwendezeit von unmittelbaren Zeitzeug_innen beschrieben – und ein Raum für Erinnerungen und Reflektionen geboten. Denn die Konsequenzen der rassistischen Mobilisierungen der 1990er Jahre dauern bis heute an.

Wann: Dienstag, den 13. September 2011 um 19:30 Uhr
Wo: Südblock, Admiralstr. 1-2, 10999 Berlin (U-Bahnhof Kottbusser Tor)
Eintritt kostenlos

Eine Veranstaltung von: Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz) e.V., autofocus videowerkstatt e.V., Argumente – Netzwerk antirassistische Bildung e.V. und dem Fachbereich Neonazismus und Strukturen/Ideologien der Ungleichwertigkeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Gefördert durch: Rosa-Luxemburg-Stiftung
Unterstützt durch: Stiftung: do

Nachtrag 18.09.11: Die taz hat von der Veranstaltung und mehr berichtet.

Den Film „Viele habe ich erkannt“ mit Manuel Nhacutou von 1992 kann online bestellt werden.