Migrantische Subversion in der DDR

das leben der anderen anderen
Staatlicher Rassismus und migrantische Subversion in der DDR
Von Stefan Gerbing
auf http://www.prager-fruehling-magazin.de/article/690.das-leben-der-anderen-anderen.html


Studienerfahrungen in der DDR

Ich bin gerade für einen Workshop zu Gender Studies/ Frauen/ Frauenrechten in Ho Chi Minh Stadt/ Vietnam. Beim Begrüßungsessen heute abend hat der (vermutlich) Leiter des veranstaltenden Instituts erzählt, dass er von 1986 bis 1990 (oder so ähnlich – alle Angaben nur aus Erinnerung) an der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin promoviert hat. Ein anderer Wissenschaftler erzählte, dass er auch mal zu einem Forschungsaufenthalt in Ost-Berlin war.

Nachtrag 02.07.11: Heute habe ich mich mit einem anderen Aspiranten unterhalten, der 1988 in die DDR kam, an der HU anfing zu promovieren und dann 1998 mit dem dritten Doktorbetreuuer abgeschlossen hat (mit einer Arbeit über vietnamesische Vertragsarbeiter).

Die meisten Wissenschaftler_innnen, die ich hier in HCMC getroffen hatte (oder alle) haben eine zeitlang im Ausland studiert, unter anderem in der DDR, Bulgarien, Belgien, Australien.


BRD und DDR im Vergleich

Die taz berlin hat am 21.06.11 in einem Artikel mit dem Titel Wowereit dankt den EinwanderInnen geschrieben:

„Der Anwerbevertrag zwischen der Bundesrepublik und der Türkei war im Oktober 1961 in Bad Godesberg unterzeichnet worden. Die DDR lockte gleichzeitig Arbeitskräfte aus sozialistischen Ländern wie Ungarn, Polen, Kuba und Vietnam.“

Lobenswert ist, dass die taz die Migration in die DDR überhaupt thematisiert. Inhaltlich ist die Aussage allerdings schlecht recherchiert. Für unser Seminar Zur Migration in die DDR und BRD hatten Christiane und Kati folgende Daten recherchiert:

1963 erste bilaterale Vereinbarung DDR-Polen zur Beschäftigung Arbeiter_innen aus Polen in der DDR
1966 sog. Pendler_innenabkommen der DDR mit Polen (Pendlervereinbarung)
1967 Regierungsvertrag zur „zeitweiligen Beschäftigung und Ausbildung“ der DDR mit Ungarn
1978 Abkommen der DDR mit Kuba
1980 Abkommen der DDR mit Vietnam

Die Anwerbung von Arbeitskräften aus Polen begann also tatsächlich schon in den 1960ern, mit Ungarn aber erst Ende der 60er und die Anwerbung der Vertragsarbeiter_innen aus Kuba und Vietnam erst Ende der 70er und 80.

Die Anwerbung von Arbeitskräften in der BRD und DDR erfoglte zu unterschiedlichen Zeiten.

Nachtrag 24.06.11: Aus der taz von heute noch eine Begründung zur Ungleichheit zwischen BRD/ West-Berlin und DDR:

„“Am 14. August 1961 fehlten uns auf einen Schlag 4.300 Arbeitskräfte“, erzählte der ehemalige Siemens-Manager Joachim Putzmann. Am Tag davor war die Mauer hochgezogen worden. Westdeutsche Arbeitskräfte wollten aus Angst vor dem unsicheren Status der Stadt nicht nach Westberlin, so Putzmann.“

Die DDR sicherte ihre Arbeitskräfte durch den Mauerbau, West-Berlin verlor Arbeitskräfte und warb gezielt Migrant_innen an.


Fidschi

Das Netz gegen Rechts hat einen Artikel über das Schimpfwort Fidschis.


Vertragsarbeiter_innen und Altern in Deutschland

Im Neuen Deutschland schreibt Marina Mai am 18.06.11 über Wenn Vietnamesen Senioren werden:

„»Die meisten der ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter werden ihre Rente in Deutschland erleben.« Und er sagt weiter: »Wir müssen darüber diskutieren, wie wir das tun wollen.« Das in Vietnam übliche Leben mehrerer Generationen in einem Haus, wobei die Alten das Sagen haben, wird es nicht geben. »Unsere Kinder sind Deutsche geworden. Sie leben im Alter nicht mit uns zusammen. Wer noch eine Frau hat, kann mit ihr zusammenleben. Wer keine Frau hat, muss allein bleiben, wenn wir nicht über seniorengerechtes Leben unter einem Dach nachdenken.«“


Fundstücke

In der Kategorie Fundstücke werden Informationen über Migration in die DDR und die Situation von Migrant_innen in Ostdeutschland nach der Wende gesammelt. Viele Fundstücke werden nebensächliche Bemerkungen, zum Beispiel, in Zeitungsartikeln sein. Sie werden hier gesammelt, um so aus diesen Fundstücken ein größeres Bild zusammenstellen zu können.


Vertragsarbeit Barnim

Aus einem Artikel der Märkischen Oderzeitung:

„Im Barnim leben rund 3000 Ausländer – angefangen vom Vertragsarbeiter bis zum Studenten – zu etwa gleichen Teilen im Nieder- wie im Oberbarnim.“